Patellofemoralgelenk im SPECT/CT: Wie Biomechanik den Stoffwechsel beeinflusst
Das Patellofemoralgelenk ist biomechanisch hochkomplex. Eine neue Studie zeigt nun: Mit SPECT/CT lassen sich metabolische Aktivitätsmuster erkennen, die direkt mit Patellaposition und Beinachse zusamm
Patellofemoralgelenk im SPECT/CT: Wie Biomechanik den Stoffwechsel beeinflusst
Hintergrund: Mechanik als biologischer Taktgeber
Das Patellofemoralgelenk ist hohen Scher- und Druckbelastungen ausgesetzt. Insbesondere bei Fehlstellungen oder muskulären Dysbalancen kann es zu Überlastungssyndromen, Knorpelschäden und Schmerzen kommen. Doch wie kann man die Belastungsverteilung sichtbar machen, bevor strukturelle Schäden im MRT auftreten?
Eine neue Studie unter der Leitung von Dr. Michael T. Hirschmann liefert Antworten: Die Analyse der SPECT/CT-Traceraktivität im Patellofemoralgelenk zeigt eindeutige Korrelationen mit Patellaposition und Beinachse – und könnte in Zukunft fester Bestandteil der präoperativen Diagnostik und Nachsorge werden.
Studienaufbau: Kombination aus Röntgen und SPECT/CT
Methodik
- 84 Kniegelenke wurden prospektiv untersucht
- Bildgebung:
- Konventionelles Röntgen (seitlich, tangential, Ganzbein)
- 99mTc-HDP-SPECT/CT
- Vermessung von:
- Patellahöhe (Insall-Salvati Index, modifizierter IS-Index)
- Lateraler Patellawinkel (nach Laurin)
- Mechanische Beinachse (varisch, valgisch, neutral)
- Bewertung der Traceraufnahme anhand eines validierten anatomischen Schemas und eines semikvantitativen Gradierungssystems (1–10)
Statistische Auswertung
Nichtparametrische Korrelationen (Spearman), Chi-Quadrat-Tests sowie Mann-Whitney-U-Tests wurden eingesetzt (Signifikanzniveau p<0.05).
Ergebnisse: Anatomie beeinflusst Traceraufnahme deutlich
Verteilung der Beinachsen im Kollektiv:
- Valgus: 19 %
- Varus: 40,5 %
- Neutral: 40,5 %
Signifikante Korrelationen:
- Patella Infera (zu tief stehende Patella):
- Höherer Traceruptake in allen patellären und femoralen Regionen (p<0.001)
- Pathologischer lateraler Patellawinkel:
- Signifikant erhöhte Aktivität in den superiolateralen Bereichen des Femurs und der Tuberositas tibiae (p<0.01)
- Varus-Alignement:
- Erhöhter Uptake im medialen Patellofemoralkompartiment (p<0.05)
- Valgus-Alignement:
- Erhöhter Uptake im lateralen Kompartiment (p<0.05)
Diese Beobachtungen stützen die Hypothese: Metabolische Aktivität folgt biomechanischer Belastung – und ist mittels SPECT/CT erfassbar.
Fazit: SPECT/CT als ergänzende Diagnostik bei Patellakomplexen
Die Ergebnisse belegen, dass sich subtile Überlastungsmuster im Patellofemoralgelenk mit SPECT/CT darstellen lassen – noch bevor radiologisch manifeste Knorpelschäden entstehen. Die Traceraufnahme spiegelt dabei präzise die „Loading History“ des Gelenks wider.
Klinische Implikationen:
- Indikationshilfe bei geplanten Realignment-Operationen
- Verlaufsbeurteilung nach Eingriffen (z. B. Trochleaplastik, MPFL-Rekonstruktion)
- Objektive Messung von Belastung im konservativen Verlauf
- Verbesserte Differenzierung bei unklaren patellofemoralen Schmerzsyndromen
Empfehlung: Integration in die klinische Routine
Das SPECT/CT bietet mehr als nur Struktur – es liefert funktionelle Informationen, die für individuelle Therapieentscheidungen bei patellofemoralen Beschwerden entscheidend sein können. Insbesondere bei komplexen Fällen oder wiederholten OPs kann die Tracerverteilung gezielte Hinweise auf die Schmerzursache liefern.