Vergiss nicht das proximale Tibiofibulargelenk: SPECT/CT bringt Klarheit bei Schmerzen nach Tibiaosteotomie
Nach einer hohen Tibiaosteotomie klagen viele Patient:innen über anhaltende Knieschmerzen – trotz korrekter Achskorrektur.
Vergiss nicht das proximale Tibiofibulargelenk: SPECT/CT bringt Klarheit bei Schmerzen nach Tibiaosteotomie
Das übersehene Gelenk mit klinischer Relevanz
Das proximale Tibiofibulargelenk (pTFj) ist ein kleines, aber biomechanisch bedeutendes Gelenk, das die Tibia mit der Fibula verbindet. In der orthopädischen Diagnostik steht es oft im Schatten der großen Gelenkpartner – insbesondere bei Achskorrekturen wie der hohen Tibiaosteotomie (HTO). Dabei kann eine Pathologie des pTFj zu anhaltenden Schmerzen, Funktionsverlust und sekundärer Arthrose führen – wie ein aktueller Fallbericht eindrucksvoll zeigt.
Der Fall: Schmerz nach HTO trotz „korrekter“ Operation
Ein Patient unterzog sich aufgrund einer Valgusfehlstellung am linken Knie einer HTO mit TomoFix®-Platte. Drei Jahre nach dem Eingriff klagte er über anhaltende Schmerzen bei kleinster Belastung – trotz Materialentfernung. Die Erstdiagnose lautete: „postoperatives Schmerzsyndrom“ und „verzögerte Knochenheilung“ kombiniert mit einer degenerativen Patellofemoralarthrose.
Erst durch den Einsatz moderner Bildgebung ließ sich der wahre Grund erkennen.
SPECT/CT: Wenn klassische Bildgebung nicht reicht
Mittels hochauflösender 3D-CT und funktioneller SPECT/CT konnte die genaue Lokalisierung der metabolischen Aktivität erfolgen. Die überraschende Diagnose: Der Haupt-Uptake konzentrierte sich auf das proximale Tibiofibulargelenk – eine Region, die in der Routine häufig ausgeblendet wird.
Ursache
- Eine zu lange Schraube der TomoFix®-Platte hatte das pTFj verletzt.
- In der Folge entwickelte sich eine lokalisierte Arthrose – sichtbar durch Tracer-Anreicherung in der SPECT/CT.
Bestätigung
- Eine diagnostische Lokalanästhesie mit Kortisoninfiltration brachte temporäre Schmerzfreiheit – was die Diagnose untermauerte.
- Die endgültige Lösung war eine Arthrodese (Versteifung) des pTFj mit einer Kompressionsschraube.
Ergebnis: Schmerzfreiheit und Lebensqualitätsgewinn
Ein Jahr nach dem Eingriff war der Patient völlig beschwerdefrei und berichtete über eine deutliche Verbesserung seiner Lebensqualität. Die sorgfältige Diagnostik führte in diesem Fall zu einer klaren, zielgerichteten und erfolgreichen Behandlung.
Fazit: Das pTFj gehört in die differenzierte Knie-Diagnostik
Klinische Take-Home Messages:
- Bei persistierenden Schmerzen nach HTO sollte das pTFj unbedingt abgeklärt werden.
- Eine SPECT/CT-Untersuchung liefert wertvolle Hinweise auf metabolisch aktive, schmerzhafte Areale – auch außerhalb der üblichen Zielregionen.
- Das pTFj kann durch Fehlplatzierung von Schrauben oder unnatürliche Belastungsverteilung verletzt werden – mit teils gravierenden Folgen.
- Die Arthrodese des pTFj kann in ausgewählten Fällen eine dauerhafte Lösung sein.
Moderne Bildgebung macht den Unterschied
Der Einsatz von IntroSPECT 2.0 und 3D-Rekonstruktionssoftware ermöglicht es, verschiedene Uptake-Cluster gezielt zu analysieren, anatomische Strukturen zu rekonstruieren und dem Operateur eine präzise Entscheidungsgrundlage zu bieten – weit über das hinaus, was Röntgen oder MRT leisten können.
Fazit: Wer das proximale Tibiofibulargelenk bei der Nachbeurteilung von HTO-Eingriffen nicht berücksichtigt, riskiert, die Ursache für persistierende Schmerzen zu übersehen. Moderne SPECT/CT-Diagnostik kann helfen, solche klinisch relevanten, aber oft vergessenen Ursachen sichtbar zu machen – und zielgerichtet zu behandeln.