SPECT/CT zeigt biomechanische Belastung im Knie – ein Werkzeug zur Beurteilung von Korrekturosteotomien
Die Kombination aus mechanischer Beinachse und biologischer Aktivität ist entscheidend bei der Beurteilung und Nachsorge von Korrekturosteotomien.
SPECT/CT zeigt biomechanische Belastung im Knie – ein Werkzeug zur Beurteilung von Korrekturosteotomien
Die Herausforderung in der Behandlung von Überlastungsbeschwerden
Patient:innen mit mechanisch bedingten Kniebeschwerden – etwa durch Fehlstellungen – leiden oft unter Schmerzen im medialen, lateralen oder patellofemoralen Kompartiment. Eine mögliche Therapie: Korrekturosteotomien, also chirurgische Umstellungen zur Achskorrektur.
Doch wie kann der Erfolg solcher Eingriffe zuverlässig kontrolliert werden?
SPECT/CT als neues Tool zur Beurteilung von Gelenkbelastung
Die SPECT/CT-Bildgebung kombiniert funktionelle und strukturelle Diagnostik: Sie liefert Informationen über Knochenstoffwechsel (Szintigrafie) und Anatomie (CT). Bisher wurde diese Technik vor allem bei schmerzhaften Knieprothesen eingesetzt – doch ihr Potenzial geht weit darüber hinaus.
Ziel der vorliegenden Studie war es, zu untersuchen, ob der Tracer-Uptake in der SPECT/CT mit der mechanischen bzw. anatomischen Beinachse korreliert – also ob man aus der Aufnahme Rückschlüsse auf die Belastungsgeschichte des Gelenks ziehen kann.
Studienaufbau: Datenerhebung & Analyse
Im Rahmen einer prospektiven Datensammlung wurden 85 Patient:innen mit 99mTc-HDP-SPECT/CT untersucht. Die Datensätze wurden anschließend mithilfe eines validierten Lokalisationsschemas ausgewertet. Ein softwaregestütztes 3D-Verfahren analysierte sowohl die Intensität (Skala 0–10) als auch die Verteilung des Tracer-Uptakes in den verschiedenen Kniekompartimenten (femoral, tibial, patellar).
Statistisch wurde eine nicht-parametrische Korrelation (p<0.05) berechnet, um Zusammenhänge mit der Beinachse und dem Arthrosegrad (nach Kellgren-Lawrence) zu identifizieren.
Ergebnisse: Signifikante Korrelation mit der Achsstellung
Die Ergebnisse waren eindeutig:
- Der Tracer-Uptake korreliert signifikant mit der anatomischen und mechanischen Beinachse sowie dem Arthrosegrad
- Bei Varus-Knien zeigte sich ein vermehrter Uptake medial
- Bei Valgus-Knien war die Aktivität lateralseits erhöht
Damit konnte erstmals gezeigt werden, dass SPECT/CT auch präoperativ zur Operationsplanung sowie postoperativ zur Erfolgskontrolle von Korrekturosteotomien genutzt werden kann.
Fallbeispiel 1: Erfolgreiche TVOT bei medialer Überlastung
Ein 42-jähriger Patient stellte sich mit medial betonten Knieschmerzen vor. Die Ganzbeinaufnahme zeigte eine mediale Belastungsachse (2 cm medialisiert). Es wurde eine Tibiavalgisationsosteotomie (TVOT) durchgeführt.
- Präoperativ: SPECT/CT zeigte deutlichen Tracer-Uptake medial
- 1 Jahr post OP: Keine Aktivität mehr im medialen Kompartiment – lediglich Restaktivität im Osteotomiespalt (Hinweis auf Remodeling)
Fallbeispiel 2: Unterkorrektur sichtbar gemacht
Ein weiterer Patient (43 Jahre) klagte trotz TVOT weiterhin über mediale Schmerzen. Die Bildgebung zeigte eine persistierende Aktivität im medialen Kompartiment – trotz korrekter OP-Technik.
Interpretation: Es handelt sich um eine „biologische Unterkorrektur“ – also eine Restbelastung, die in der Anatomie nicht sofort sichtbar, aber im Stoffwechsel messbar ist.
Schlussfolgerung: Biomechanik + Biologie = bessere Therapie
Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass 99mTc-HDP-SPECT/CT nicht nur strukturelle Veränderungen, sondern auch die tatsächliche Gelenksbelastung („Loading history“) sichtbar macht. Damit eignet sich die Methode ideal zur prä- und postoperativen Beurteilung von Korrekturosteotomien.
Fazit
SPECT/CT ist weit mehr als ein bildgebendes Verfahren – es ist ein biologischer Spiegel der Gelenkbelastung. Die Korrelation mit Beinachsen-Parametern eröffnet neue Möglichkeiten in der Beurteilung und Verlaufskontrolle bei Umstellungsoperationen. Patient:innen profitieren von individuell angepassten Therapien – und Ärzt:innen von objektiveren Entscheidungsgrundlagen.